Feuervergoldung vom Allgäu ins Königshaus

Der Allgäuer Goldschmied und Restaurator Dirk Meyer ist einer der wenigen Handwerker, der noch die alte europäische Technik der Feuervergoldung ausübt. Seine Arbeit ist in zahlreichen Ländern Europas gefragt.

Alles begann mit einem Kelch

Begonnen hat alles, als Dirk Meyer Anfang der 2000er in seiner Werkstatt Besuch von einem Assistenten des Mainzer Bischofs bekam. Im Gepäck hatte dieser den Messkelch des Bischofs, der in der Mitte durchgebrochen war. Der aus dem 18. Jahrhundert stammende Kelch wanderte von Geschäft zu Geschäft, doch keiner war in der Lage, die Reparatur vorzunehmen.

Meyer jedoch sah sich in der Lage, die Reparatur des Kelchs vorzunehmen und es gelang ihm auch. Bei der Technik, mit der der Kelch hergestellt wurde, handelte es sich um die Feuervergoldung. Diese hat Meyer in der DDR-Zeit während seiner Lehre zum Goldschmied in der Theorie erlernen können, in der Praxis jedoch nie ausgeführt. Sein theoretisches Wissen war jedoch noch so frisch, dass er den wertvollen Kelch reparieren konnte. „Zu den Zeiten als ich meine Lehre machte, wurde die Technik der Feuervergoldung nie nachgefragt. Das dafür benötigte Blattgold gab es auch kaum. Dennoch dachte ich mir, dass ich meine Kenntnisse vielleicht irgendwann mal benötigen könnte. Und ich sollte Recht behalten“, erzählt Meyer.   

Der Assistent des Bischofs sagte ihm, sie hätten regelmäßig feuervergoldete Stücke, die repariert werden müssten. Daher beschloss Meyer an diesem Tag, sein Wissen nicht nur zu bewahren, sondern auch auszubauen. Dies gelang ihm durch ein Fachbuch aus dem 11. Jahrhundert, das der Mönch Theophilus geschrieben hat. In diesem Buch wird die Technik der Feuervergoldung detailliert beschrieben.

Hartnäckigkeit zahlt sich aus

„Bei meiner Recherche bemerkte ich aber schnell, dass man die Feuervergoldung in Deutschland gar nicht einfach so ohne Weiteres ausüben kann. Aufgrund der dadurch entstehenden giftigen Dämpfe benötigen Anwender eine Sicherheitsanlage mit Filter und Absauganlage, die diese Dämpfe binden“, so Meyer. Eine Anlage dieser Art gab es jedoch in Deutschland nicht zu kaufen. Zu finden waren sie nur in Müllverbrennungsanlagen in den Städten. Allerdings in einer so großen Ausführung, die die Räumlichkeiten einer Werkstatt übersteigt. Doch aufgeben kam für Meyer nicht in den Sinn.

Er recherchierte weiter und stieß auf ein Fraunhofer-Institut in Oberhausen, welches über die Techniken verfügte, um eine dieser Maschinen bauen zu können. „Ich suchte das Institut auf, aber dort wollte man von mir erstmal nichts wissen, da ich kein Industrievertreter bin“, so Meyer. Letztendlich konnte er den Institutsmitarbeitern seine Idee doch schmackhaft machen. Nach wochenlangem Testen war seine Sicherheitsanlage für die Feuervergoldung dann fertig und konnte in seine Werkstatt, die sich im kleinen Ort Maierhöfen im Allgäu befindet, einziehen.

Dank der technischen Ausstattung war Meyer bereit für den Mainzer Bischof tätig zu werden, um die zahlreichen Kunstschätze der Kirche zu restaurieren. Die Antwort, die er erhielt, war aber ernüchternd: „Man sagte mir, dass die Umstände sich geändert hätten und das Geld an anderer Stelle benötigt werde. Ich hatte also nun die teure Anlage gekauft, hatte aber keinen Auftrag, da der Markt weggebrochen war“, blickt Meyer auf diese Zeit zurück.

Also begann er damit, nach anderen potenziellen Aufträgen zu suchen. Er überlegte, in welchem Bereich eine Nachfrage nach Feuervergoldung bestand und stieß auf Kaminuhren als eine Möglichkeit. Er knüpfte Kontakte zu Sammlern und Antiquitätshändlern und betrat langsam den Markt. "Allmählich begann der Markt, mich anzuerkennen. Ich glaube, sie haben mich getestet, um meine Fähigkeiten zu prüfen. Bis heute habe ich mir ein solides Standing aufgebaut und bin praktisch der einzige in Europa, der diese alte Technik beherrscht oder anwendet", erzählt Meyer.

Anfrage aus dem Königshaus 

Es dauerte nicht lange, bis Anfragen aus den USA, England und Dubai kamen. Um noch stärker auf seine Arbeit aufmerksam zu machen, verfasste Meyer einen Artikel über die Feuervergoldung in einer Uhren-Fachzeitschrift. Diese wurde unter anderem in den Niederlanden gelesen.

„Eines Tages bekam ich Besuch von einem Uhrenmacher. Er hatte ein paar Gegenstände dabei, darunter eine Kaminuhr, die ich vergolden sollte“, erzählt Meyer. Er führte den Auftrag aus und einen Monat später lud der Uhrenmacher ihn in die Niederlande ein. Erst da stellte sich heraus, für wen Meyer die Gegenstände restauriert hatte. Sie gehörten der niederländischen Königin Beatrix.

Seitdem ist er regelmäßig für das niederländische Königshaus tätig, um die Kunstschätze durch Feuervergoldung wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen. Zu Beginn seiner Tätigkeit als Feuervergolder und Restaurator war Meyer viel in Museen und auf Flohmärkten unterwegs, um sich feuervergoldete Gegenstände anzusehen. So konnte er lernen, wie diese im Original aussahen, um die benötigte Technik dann bei seinen Restaurationen umzusetzen. „Im Laufe der Jahre habe ich ein Auge dafür entwickeln können, wie ein Gegenstand ursprünglich aussah. Dieses Wissen verwende ich, um sie dann so zu restaurieren, dass sie am Ende wieder genauso aussehen“, sagt Meyer.

Dann erhielt er den Auftrag, an der Restaurierung der berühmten Goldenen Kutsche von Königin Beatrix mitzuwirken. „Mein Fokus lag auf der Restauration der Metallteile, doch alles, was mit dem Feuervergoldungsprozess verbunden war, lag ebenfalls in meiner Verantwortung. Ich widmete mich mit größter Sorgfalt und Hingabe der Arbeit an diesem historischen Gefährt“, blickt Meyer auf dieses Projekt zurück.

Bewahren wertvoller Kunstschätze

Die Hauptaufgabe Meyers besteht darin, alte Kunstschätze am Leben zu erhalten. Damit dies gelingt, ist das Beherrschen der Technik der Feuervergoldung unabdingbar. Menschen, die mit dieser Technik noch arbeiten, sind jedoch rar. Um die kulturellen Schätze für die Nachwelt zu erhalten, muss auch das Wissen erhalten bleiben. Das liegt Meyer am Herzen. Daher hat er sich auf die Suche nach jemandem gemacht, der die Technik der Feuervergoldung erlernen möchte. Sein Bestreben war erfolgreich: Er teilt nun sein umfassendes Wissen mit einem talentierten Studenten der Metall-Restaurierung aus Potsdam, um sicherzustellen, dass diese einzigartige Technik weiterlebt.

www.feuervergoldung.eu

Bild: Dirk Meyer

Autorin: Kyra Kutter

Feuervergoldung vom Allgäu ins Königshaus

Der Allgäuer Goldschmied und Restaurator Dirk Meyer ist einer der wenigen Handwerker, der noch die alte europäische Technik der Feuervergoldung ausübt. Seine Arbeit ist in zahlreichen Ländern Europas gefragt.

Alles begann mit einem Kelch

Begonnen hat alles, als Dirk Meyer Anfang der 2000er in seiner Werkstatt Besuch von einem Assistenten des Mainzer Bischofs bekam. Im Gepäck hatte dieser den Messkelch des Bischofs, der in der Mitte durchgebrochen war. Der aus dem 18. Jahrhundert stammende Kelch wanderte von Geschäft zu Geschäft, doch keiner war in der Lage, die Reparatur vorzunehmen.

Meyer jedoch sah sich in der Lage, die Reparatur des Kelchs vorzunehmen und es gelang ihm auch. Bei der Technik, mit der der Kelch hergestellt wurde, handelte es sich um die Feuervergoldung. Diese hat Meyer in der DDR-Zeit während seiner Lehre zum Goldschmied in der Theorie erlernen können, in der Praxis jedoch nie ausgeführt. Sein theoretisches Wissen war jedoch noch so frisch, dass er den wertvollen Kelch reparieren konnte. „Zu den Zeiten als ich meine Lehre machte, wurde die Technik der Feuervergoldung nie nachgefragt. Das dafür benötigte Blattgold gab es auch kaum. Dennoch dachte ich mir, dass ich meine Kenntnisse vielleicht irgendwann mal benötigen könnte. Und ich sollte Recht behalten“, erzählt Meyer.   

Der Assistent des Bischofs sagte ihm, sie hätten regelmäßig feuervergoldete Stücke, die repariert werden müssten. Daher beschloss Meyer an diesem Tag, sein Wissen nicht nur zu bewahren, sondern auch auszubauen. Dies gelang ihm durch ein Fachbuch aus dem 11. Jahrhundert, das der Mönch Theophilus geschrieben hat. In diesem Buch wird die Technik der Feuervergoldung detailliert beschrieben.

Hartnäckigkeit zahlt sich aus

„Bei meiner Recherche bemerkte ich aber schnell, dass man die Feuervergoldung in Deutschland gar nicht einfach so ohne Weiteres ausüben kann. Aufgrund der dadurch entstehenden giftigen Dämpfe benötigen Anwender eine Sicherheitsanlage mit Filter und Absauganlage, die diese Dämpfe binden“, so Meyer. Eine Anlage dieser Art gab es jedoch in Deutschland nicht zu kaufen. Zu finden waren sie nur in Müllverbrennungsanlagen in den Städten. Allerdings in einer so großen Ausführung, die die Räumlichkeiten einer Werkstatt übersteigt. Doch aufgeben kam für Meyer nicht in den Sinn.

Er recherchierte weiter und stieß auf ein Fraunhofer-Institut in Oberhausen, welches über die Techniken verfügte, um eine dieser Maschinen bauen zu können. „Ich suchte das Institut auf, aber dort wollte man von mir erstmal nichts wissen, da ich kein Industrievertreter bin“, so Meyer. Letztendlich konnte er den Institutsmitarbeitern seine Idee doch schmackhaft machen. Nach wochenlangem Testen war seine Sicherheitsanlage für die Feuervergoldung dann fertig und konnte in seine Werkstatt, die sich im kleinen Ort Maierhöfen im Allgäu befindet, einziehen.

Dank der technischen Ausstattung war Meyer bereit für den Mainzer Bischof tätig zu werden, um die zahlreichen Kunstschätze der Kirche zu restaurieren. Die Antwort, die er erhielt, war aber ernüchternd: „Man sagte mir, dass die Umstände sich geändert hätten und das Geld an anderer Stelle benötigt werde. Ich hatte also nun die teure Anlage gekauft, hatte aber keinen Auftrag, da der Markt weggebrochen war“, blickt Meyer auf diese Zeit zurück.

Also begann er damit, nach anderen potenziellen Aufträgen zu suchen. Er überlegte, in welchem Bereich eine Nachfrage nach Feuervergoldung bestand und stieß auf Kaminuhren als eine Möglichkeit. Er knüpfte Kontakte zu Sammlern und Antiquitätshändlern und betrat langsam den Markt. "Allmählich begann der Markt, mich anzuerkennen. Ich glaube, sie haben mich getestet, um meine Fähigkeiten zu prüfen. Bis heute habe ich mir ein solides Standing aufgebaut und bin praktisch der einzige in Europa, der diese alte Technik beherrscht oder anwendet", erzählt Meyer.

Anfrage aus dem Königshaus 

Es dauerte nicht lange, bis Anfragen aus den USA, England und Dubai kamen. Um noch stärker auf seine Arbeit aufmerksam zu machen, verfasste Meyer einen Artikel über die Feuervergoldung in einer Uhren-Fachzeitschrift. Diese wurde unter anderem in den Niederlanden gelesen.

„Eines Tages bekam ich Besuch von einem Uhrenmacher. Er hatte ein paar Gegenstände dabei, darunter eine Kaminuhr, die ich vergolden sollte“, erzählt Meyer. Er führte den Auftrag aus und einen Monat später lud der Uhrenmacher ihn in die Niederlande ein. Erst da stellte sich heraus, für wen Meyer die Gegenstände restauriert hatte. Sie gehörten der niederländischen Königin Beatrix.

Seitdem ist er regelmäßig für das niederländische Königshaus tätig, um die Kunstschätze durch Feuervergoldung wieder in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen. Zu Beginn seiner Tätigkeit als Feuervergolder und Restaurator war Meyer viel in Museen und auf Flohmärkten unterwegs, um sich feuervergoldete Gegenstände anzusehen. So konnte er lernen, wie diese im Original aussahen, um die benötigte Technik dann bei seinen Restaurationen umzusetzen. „Im Laufe der Jahre habe ich ein Auge dafür entwickeln können, wie ein Gegenstand ursprünglich aussah. Dieses Wissen verwende ich, um sie dann so zu restaurieren, dass sie am Ende wieder genauso aussehen“, sagt Meyer.

Dann erhielt er den Auftrag, an der Restaurierung der berühmten Goldenen Kutsche von Königin Beatrix mitzuwirken. „Mein Fokus lag auf der Restauration der Metallteile, doch alles, was mit dem Feuervergoldungsprozess verbunden war, lag ebenfalls in meiner Verantwortung. Ich widmete mich mit größter Sorgfalt und Hingabe der Arbeit an diesem historischen Gefährt“, blickt Meyer auf dieses Projekt zurück.

Bewahren wertvoller Kunstschätze

Die Hauptaufgabe Meyers besteht darin, alte Kunstschätze am Leben zu erhalten. Damit dies gelingt, ist das Beherrschen der Technik der Feuervergoldung unabdingbar. Menschen, die mit dieser Technik noch arbeiten, sind jedoch rar. Um die kulturellen Schätze für die Nachwelt zu erhalten, muss auch das Wissen erhalten bleiben. Das liegt Meyer am Herzen. Daher hat er sich auf die Suche nach jemandem gemacht, der die Technik der Feuervergoldung erlernen möchte. Sein Bestreben war erfolgreich: Er teilt nun sein umfassendes Wissen mit einem talentierten Studenten der Metall-Restaurierung aus Potsdam, um sicherzustellen, dass diese einzigartige Technik weiterlebt.

www.feuervergoldung.eu

Bild: Dirk Meyer

Autorin: Kyra Kutter